Mir gefallen die gefilzten Sachen von
Én Gry & Sif. Ich mag mich noch gut erinnern, als ich vor Jahren zum ersten Mal die Sachen in Wohnzeitschriften sah - wunderschön! Meine Schwester war dann in Dänemark und wollte den Laden von den beiden besuchen und hat ihn nicht gefunden. Mittlerweile wurde das Internet ausgebaut und man surft mal hier, mal dort. Dabei habe ich gelesen, dass die Sachen gar nicht von den beiden alleine hergestellt werden, sondern als Fair Trade in Nepal von über 500 Personen gefertigt werden.
Die Patchworkarbeiten von
Anna Maria Horner sind farbenfroh und gar nicht so perfekt, sondern z.T. mit grossen Quiltstichen und mit dickem Garn gequiltet. Mir gefällt das. Aber auch hier entsteht der Eindruck, das ist eine coole Designerin und mehrfache Mutter, die einfach viel drauf hat und alles schafft und erst noch tolle Sachen herstellt. Wow! Aber soviele Quilts ganz alleine schaffen und dann noch nebenher Familie - fast unmöglich.
Und ich weiss von einer Schweizerin, die in Haiti eine Näherei aufbaute und Frauen beschäftigte, die amerikanische Quilts nähten. Eigentlich ein gutes Projekt, die Frauen können so mithelfen, ihre Familien zu unterstützen. Aber uns wird überall weisgemacht, von originalen amerikanischen Quilts, ganz teuer zu kaufen und dann muss man erfahren, dass diese Decken von Haiti importiert wurden, diese Frauen wahrscheinlich zu einem günstigen Lohn arbeiten und die Zwischenhändler und Endverkäufer noch viel verdienen. Ist das nicht ungerecht?
Wenn ich Stoff kaufe und mir eine Decke nähen will, dann kostet alleine das Material über 100 Franken und dabei habe ich noch keine Minute genäht. Und wenn ich dann im Laden und bei Grossverteilern Schnäppchen sehe, dann frage ich mich schon, wieviel hat wohl die Näherin daran verdient. Grössenteils steht überall "Made in China" drauf.
Jade und viele andere vermitteln den White and Shabby Stil auf ihrem Blog. So schön! Und wie in einem Wohnmagazin. Fast zu schön. Kein Staubkörnchen, keine Spinnwabe, die sich ganz fies irgendwo in einer Ecke so langsam und unauffällig ausbreitet und sich erst im dümmsten Moment sichtbar macht.
Ist wirklich alles so schön? Müssen wir uns in eine heile Welt flüchten, wenn (fast) überall auf der Welt Unrecht und politische Unruhen und Naturkatastrophen herrscht?
Meine Waschküche müsste dringend aufgeräumt werden. Die Wäsche liegt auch schon wartend da, bis sie gebügelt und versorgt wird. Die eben geputzten Fenster wurden als Winke- und Abschiedküsschen-Station genutzt - sie sehen auch wieder dementsprechend aus. Es gab schon wieder Pasta zum Mittagessen, weil tausend Sachen wichtiger waren, als eine sorgfältige und ausgiebige Planung eines Festessens. Und auf meinen Nadeln liegt nun schon seit einigen Tagen ganz schwer und fast nicht mehr vorwärtskommend ein Revontuli.
Wie schnell wäre eine warme Jacke gekauft oder eine Büchse Ravioli geöffnet oder eine Putzfrau engagiert. Aber wir Selbermacherinnen sind (hoffentlich alle) kritisch, hinterfragen das eine oder andere, geben auch mal zuviel Geld für etwas Schönes aus, unterstützen einheimische Handwerksbetriebe und mögen lieber etwas aus Holz statt aus Plastik. Und stricken einen Revontuli aus handgesponnener und handgefärbter (hoffentlich) weicher Schafwolle ohne Polydings, der später viel mehr wärmt als der gekaufte, weil er in vielen Stunden von mir handgestrickt wurde.